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S - Recht, Staat und Revolution
Nähert man sich den Disziplinen der Rechtsphilosophie, Verfassungstheorie und Rechtsgeschichte über den analytischen Zugriff der Revolutionstheorien, so wird man auf grundlegende Strukturfragen von Staat, Gesellschaft und Politik gestoßen – eben diesen Blickwinkel einzunehmen, strebt das Seminar an.
So zentral bei diesen Betrachtungen die einschneidende Bedeutung der „Doppelrevolutionen“ der Neuzeit in den Amerikanischen Kolonien sowie in Frankreich im ausgehenden 18. Jahrhundert war, darf dabei der Blick auf die lange Begriffsgeschichte und den fundamental anderen Bedeutungsgehalt der „Revolution“ in der vormodernen Zeit nicht abhanden kommen. Verstand man unter einer Revolution nämlich zunächst das höchst konservative Konzept einer „Rückkehr bzw. Zurückwälzung zum Alten“ – einer revolutio als das Gegenteil einer evolutio –, so wandelte sich dieses Verständnis im späten 18. Jahrhundert. „Revolutionen“ waren nunmehr die positive Errichtung einer Staatsordnung, verbunden mit dem damit erfolgenden Bruch mit dem bisherigen System unter Auswechslung der Legitimationsgrundlage staatlicher Herrschaft – Volkssouveränität statt Gottesgnadentum. Dieses Moment, welches unser heutiges Verständnis einer Revolution prägt, wurde etwa von Hannah Arendt emphatisch als Gründungsakt einer Republik stilisiert und mit „Natalität“ einer politischen Gemeinschaft auf einen Begriff gebracht: „Damit ein Anfang sei, wurde der Mensch geschaffen“ (Augustinus).
Mit diesem essenziellen Wechsel des Bedeutungsgehalts der Begriffe des Staatsrechts in der sog. „Sattelzeit“ (R. Koselleck) um das Jahr 1800 eröffnen sich für die rechtswissenschaftliche Betrachtung des Verhältnisses von „Recht, Staat und Revolution“ mannigfaltige Forschungsfragen. Im Seminar bieten sich Arbeiten zur Rechtsphilosophie wie Rechtsgeschichte an. Während der philosophische Zugriff etwa beim Verhältnis zwischen Naturrecht und Kodifizierung der Menschen- und Bürgerrechte ansetzen kann, stößt ein sozialphilosophischer Blick auf die theoretische Landschaft des 19. und 20. Jahrhunderts etwa auf die marxistische Revolutionstheorie, die nach der proletarischen Revolution das notwendige „Absterben des Staates“ wie des Rechts glaubt heraufziehen zu sehen.
Doch auch für das Interesse rechtshistorisch orientierter Studierender bietet das Seminar zahlreiche Anknüpfungspunkte: Speziell in der deutschen Geschichte, die Ereignisse der Jahre 1848/1849, die Revolution 1918/1919, ferner die dahingehend umstrittenen Etappen der Machtergreifung der Nationalsozialisten („legale“ resp. „nationale Revolution“) sowie schließlich die „Friedliche Revolution“ der Jahre 1989/1990.
Ferner (aber nicht abschließend) erlauben sich prospektive und philosophisch angereicherte Überlegungen zum Staatsaufbau: So sieht Hannah Arendt das legitimatorische Problem, dass spätere Generationen nicht länger die Erfahrung der revolutionären Generation teilen, als pouvoir constituant zu fungieren. Bis in unsere Zeiten gefühlter und vielleicht realer Absenz demokratischer Selbstwirksamkeit versuchen Konzepte deliberativer Demokratie, etwa in Form der Diskurstheorie des Rechts von Jürgen Habermas, hierauf auf eine institutionelle Antwort zu geben.
Die Veranstaltung ist als Blockseminar konzipiert. Zudem werden im Laufe des Semesters an einzelnen Terminen ausgewählte Primär- wie Sekundärtexte zum Seminarthema gelesen und diskutiert. Das Seminar ist sowohl als Übungs-, als auch als Examensseminar angedacht und ist offen für Studierende der Schwerpunkte 1, 4 und 6. Literaturhinweise, Terminfindung und thematische Orientierung erfolgen in einer Vorbesprechung, welche am 16. Oktober 2025 von 16-18 Uhr (Raum folgt) stattfindet.
Bei Interesse melden Sie sich bitte per E-Mail an die Adresse tim.niendorf@uni-jena.de sowie über Friedolin für die Veranstaltung an. Die Anmeldung für die Wissenschaftlichen Examensseminararbeiten muss bis zum 31. Juli 2025 erfolgen, die Anmeldung für Übungsseminararbeiten ist auch nach diesem Termin möglich. Studierende, welche planen, ihre Wissenschaftliche Examensseminararbeit in diesem Seminar zu erbringen, melden sich bitte zudem zum gleichnamigen Examensseminar auf Friedolin an.
Studierende, die ihre Wissenschaftliche Arbeit im Seminar schreiben, erhalten nach der Anmeldung ein Formular, das ausgefüllt per E-Mail zusammen mit einer eingescannten Datei des Übungsseminarscheins zurückzuschicken ist. Melden sich zudem bitte in Friedolin sowohl für das Übungsseminar als auch das gleichnamige Examensseminar an.
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V - Grundzüge der Rechtstheorie und Rechtssoziologie einschließlich Methodenlehre
Die Vorlesung führt in Grundpositionen sowie Grundlagen der Rechtstheorie, Rechtssoziologie und juristischen Methodenlehre ein.
Die Veranstaltung dient dem Erwerb des Grundlagenscheins Rechtssoziologie gem. § 16 Abs. 2 Ziff. 1 ThürJAPO. Hierfür wird am Ende des Semesters eine Abschlussklausur angeboten. Bitte melden Sie sich in Friedolin für die Veranstaltung an.
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V - Rechtstheorie und Rechtssoziologie
Die Vorlesung vertieft beide schon aus dem Grundstudium bekannten Materien in Form wissenschaftlicher Erörterung einer Theorie des Rechts und der Rechtswissenschaft samt ihren gesellschaftlichen Bezügen. Auf dem Feld der Rechtstheorie soll insbesondere die Frage der Rechtsgeltung behandelt werden. Warum sind Menschen überhaupt gehalten, Normen zu befolgen oder sogar zu akzeptieren? Auf dem Gebiet der Rechtssoziologie soll u.a. ein Einblick in aktuelle Fragestellungen gegeben werden, wobei u.a. feministische wie antirassistische Zugänge thematisiert werden.
Die Veranstaltung ist dem Schwerpunktbereich 1 „Grundlagen des Rechts und der Rechtswissenschaft“ gem. § 5 Abs. 1 SBPrüfO zuzuordnen. Eine Abschlussklausur gem. § 15 SBPrüfO wird am Ende des Semesters angeboten. Bitte melden Sie sich in Friedolin für die Veranstaltung an.
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S - Unrechtsstaaten und ihre Bewältigung
Die Auseinandersetzung mit Unrechtsstaaten wirft grundlegende Fragen über den Umgang mit politischer Herrschaft, Rechtsnormen und gesellschaftlicher Gerechtigkeit auf. Die historische Erfahrung zeigt, dass Unrechtsstaaten keineswegs bloße Anomalien in der politischen Geschichte darstellen, sondern oft systematisch bestehende Machtverhältnisse zementieren und absichern. Während der Rechtsstaat grundlegende Prinzipien wie die Achtung der Menschenrechte, die Gewaltenteilung und die Berechenbarkeit staatlichen Handelns garantiert, zeichnet sich der Unrechtsstaat durch das systematische Fehlen oder die bewusste Missachtung eben dieser Prinzipien aus.
In der Wissenschaft gibt es keine einheitliche Definition des Begriffs „Unrechtsstaat“. Er wird jedoch häufig verwendet, um politische Ordnungen zu kennzeichnen, die sich durch Rechtswillkür, Grundrechtsverletzungen und die Zweckentfremdung von Rechtsnormen zur Stabilisierung autoritärer Machtstrukturen auszeichnen. Ausgerechnet bei Carl Schmitt, dem sogenannten „Kronjuristen des Dritten Reiches“, findet sich eine Untersuchung der systematischen Instrumentalisierung von Rechtsnormen zur Stabilisierung und Legitimation autoritärer Herrschaftsstrukturen und damit gegebenenfalls eine theoretische Grundlage für das Verständnis der Machtmechanismen in Unrechtsstaaten. Jürgen Habermas wiederum entwickelt in seinen Überlegungen zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit normative Maßstäbe, die sowohl eine kritische Auseinandersetzung mit Unrechtsstaaten als auch deren rechtliche und gesellschaftliche Bewältigung ermöglichen.
Von der Rechtswillkür in totalitären Systemen bis hin zu subtileren Formen staatlichen Machtmissbrauchs beleuchtet das Seminar die Merkmale, Funktionsweisen und Schwächen von Unrechtsstaaten aus einer rechtswissenschaftlichen sowie interdisziplinären Perspektive. Im Fokus stehen zudem die juristischen, politischen und gesellschaftlichen Strategien zur Aufarbeitung und Bewältigung der Folgen solcher Systeme.
Ausgehend von historischen Beispielen wie der nationalsozialistischen Herrschaft und der DDR werden auch aktuelle Fragestellungen diskutiert: Welche rechtlichen und politischen Mittel stehen zur Verfügung, um Unrecht aufzuarbeiten? Wie kann die Rechtsstaatlichkeit in Übergangsprozessen gestärkt werden? Und welche Rolle spielen Mechanismen wie Transitional Justice, Wiedergutmachung und Verfassungsreformen?
Die thematische Breite des Seminars erstreckt sich von den theoretischen Grundlagen des Rechts- und Unrechtsstaats über die juristische Aufarbeitung von Systemverbrechen bis hin zur Analyse gegenwärtiger Konflikte, in denen Rechtsstaatlichkeit in Frage gestellt wird. Besondere Aufmerksamkeit wird auch der Bedeutung von internationalen Institutionen und völkerrechtlichen Normen in Transformationsprozessen gewidmet.
Es handelt sich um ein Blockseminar, dem einzelne Veranstaltungstermine während des Semesters vorangehen. Das Seminar gibt Gelegenheit, neben Übungsseminararbeiten auch Wissenschaftliche Arbeiten in den Schwerpunktbereichen 1, 4 und 6 zu verfassen. Referate können auch über einschlägige Werke verfasst werden, in der Art eines Literaturberichts oder einer Rezension. Literaturhinweise und Terminfestlegung erfolgen in der Vorbesprechung. Die Vorbesprechung findet am 10. April 2025 von 16-18 Uhr im SR 120, CZS 3 statt.
Bitte melden Sie sich bei Interesse per E-Mail unter tim.niendorf@uni-jena.de und anschließend in FriedolinExterner Link für die Veranstaltung an. Anmeldungen für die Wissenschaftlichen Arbeiten müssen bis zum 28. Februar 2025 erfolgen. Die Anmeldung für Übungsseminararbeiten ist auch nach dem 28.02.2025 möglich. Studierende, die planen ihre Wissenschaftliche Hausarbeit in diesem Seminar zu verfassen, melden sich zudem bitte in Friedolin für das gleichnamige ExamensseminarExterner Link an.
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V - Grundzüge der Rechtsphilosophie und der Argumentationslehre
Die Vorlesung führt in Grundpositionen sowie Grundlagen der Rechtsphilosophie, juristischen Methoden- und Argumentationslehre ein.
Die Veranstaltung dient dem Erwerb des Grundlagenscheins Rechtsphilosophie gem. § 16 Abs. 2 Ziff. 1 ThürJAPO. Hierfür wird am Ende des Semesters eine Abschlussklausur angeboten. Bitte melden Sie sich in FriedolinExterner Link für die Veranstaltung an.
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V - Rechts- und Staatsphilosophie
Die Schwerpunktvorlesung behandelt in vertiefter Auseinandersetzung mit den Grundpositionen der Rechtsphilosophie Fragen der Pflichtbegründung und Normgeltung in Recht und Moral. Nach einem historischen Abriss widmet sich die Veranstaltung Fragen der Willensfreiheit und Zurechnung, der Menschenrechte, der Achtung und der Solidarität sowie Verantwortung nicht zuletzt gegenüber der menschlichen Umwelt.
Die Veranstaltung ist dem Schwerpunktbereich 1 „Grundlagen des Rechts und der Rechtswissenschaft“ gem. § 5 Abs. 1 SBPrüfO zuzuordnen. Eine Abschlussklausur gem. § 15 SBPrüfO wird am Ende des Semesters angeboten. Bitte melden Sie sich in FriedolinExterner Link für die Veranstaltung an.
Literaturempfehlung:
Mahlmann, Matthias, Rechtsphilosophie und Rechtstheorie, 7. Aufl., 2023
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R - Examensrepetitorium im Öffentlichen Recht (Besonderes Verwaltungsrecht)
Im Repetitorium werden examensrelevante Materien des Besonderen Verwaltungsrechts und Verwaltungsprozessrechts anhand ausgewählter Fälle wiederholt und vertieft. Gebiete wie das Polizei- und Ordnungsrecht, das Straßenrecht und das Kommunalrecht werden den vier Bereichen Eingriffsverwaltung, Leistungsverwaltung, Planung und Binnenbereich der Verwaltung zugeordnet und auf diese Weise umfassend behandelt.
Das Repetitorium wird in der ersten Semesterhälfte von Herrn Prof. Dr. Pauly angeboten, in der zweiten Hälfte von Frau Prof. Dr. Leisner-Egensperger.
Bitte melden Sie sich über FriedolinExterner Link für die Veranstaltung an.