Francis Lieber

Francis Lieber Lecture on International Law

Francis Lieber
Foto: Jaques Reich/James G. Wilson/John Fiske (Quelle: Appletons' Cyclopædia of American Biography, 1892, Band 3, S. 710; Bearbeitung durch Abt. Hochschulkommunikation)

Aus Anlass von Francis Liebers 200. Promotionsjubiläum und seines 150. Todestages fand am 30. November 2022 im Großen Rosensaal der Friedrich-Schiller-Universität Jena die erste Francis Lieber Lecture on International Law statt. Den Auftaktvortrag in der neuen Reihe hielt Frau Prof. Dr. Heike Krieger, Professorin für Öffentliches Recht und Völkerrecht an der Freien Universität Berlin, zum Thema Von den völkerrechtlichen Fesseln befreit? Zur Rolle des Rechts in der „neuen Weltunordnung“. Darin stellte sie vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs die Frage, ob sich „eine realistische Politik für das 21. Jahrhundert von der Fessel des selbstverordneten völkerrechtlichen Dogmas lösen“ (Carlo Masala) muss. Ist es politisch naiv, noch für die Wirkkraft eines Völkerrechts zu streiten, das sich seit 1945 herausgebildet hat und daher für die „neuen Weltunordnung“, die durch Konkurrenz und Konflikt statt Kooperation geprägt ist, vielleicht gar nicht mehr geeignet ist?

Referentin Heike Krieger am Rednerpult während ihres Vortrags Referentin Heike Krieger am Rednerpult während ihres Vortrags Foto: Deborah Zeh

Die AufzeichnungExterner Link des Vortrags ist über den YouTube-Kanal der Friedrich-Schiller-Universität Jena abrufbar.

Anknüpfend an den Vortrag hat Prof. Dr. Thomas Kleinlein mit Dr. Michael Westland (Geschäftsführer von Democratic Futures und im Hauptberuf Diplomat) für den Think Tank „Democratic FuturesExterner Link“ mit Prof. Dr. Heike Krieger ein Interview zum Vortragsthema geführt, das auf den gängigen Audio-Streamingplattformen nachgehört werden kann, u.a. unter diesem Link.Externer Link 

Die zweite Francis Lieber Lecture on International Law hält am 29. November 2023 Prof. Dr. Robin Geis. Weitere Informationen folgen. 

Die Francis Lieber Lecture

Zu Ehren und in Gedenken an Francis Lieber lädt die 2022 initiierte Francis Lieber Lecture on International Law jährlich renommierte Völkerrechtlerinnen und Völkerrechtler zu einem Vortrag an die Universität Jena ein, um der universitären und städtischen Öffentlichkeit neueste völkerrechtliche Entwicklungen näherzubringen. Francis (ursprünglich „Franz“) Lieber, geb. 1798 in Berlin, war ein deutsch-amerikanischer Jurist, Staatsphilosoph und Diplomat. Als junger liberaler Aktivist, der in den Napoleonischen Kriegen und der Griechischen Revolution kämpfte, gelangte er an die Universität Jena, an der er im Juli 1820 promoviert wurde. Nach seiner Auswanderung in die USA im Jahr 1827 erlangte er dort große Bekanntheit u.a. als Begründer der Encyclopedia Americana. Weltweit bekannt ist Francis Lieber als Autor des „Lieber Code“ von 1863, des ersten schriftlich fixierten Regelwerks mit Vorgaben zu Methoden der Kriegsführung, das für die Streitkräfte der Unionstruppen im Amerikanischen Bürgerkrieg galt und später von weiteren militärischen Organisationen übernommen wurde. Schließlich bildete der „Lieber Code“ die Grundlage für die Entstehung des humanitären Völkerrechts, etwa der Haager Konventionen von 1899 und 1907. Seiner Zeit voraus, erkannte Lieber die Notwendigkeit eines bindenden Verhaltenskodex, um die verheerenden Folgen von Krieg, insbesondere für die Zivilbevölkerung, zu lindern und die menschenwürdige Behandlung von Kriegsgefangenen zu gewährleisten. Nach dem Bürgerkrieg diente Lieber als diplomatischer Unterhändler und Schiedsrichter zwischen den USA und Mexiko. Daneben arbeitete er mit Völkerrechtswissenschaftlern wie J. C. Bluntschli zusammen, dessen Werk „Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten“ von 1868, das als erster deutschsprachiger Kodifikationsversuch des Völkerrechts gilt, er inspirierte. So ist Francis Lieber nicht nur einer der Begründer des humanitären Völkerrechts, sondern gestaltete und inspirierte das Völkerrecht über das Recht des Krieges hinaus. Als weltläufiger Freigeist, Immigrant, Philosoph und Diplomat steht er für die Weiterentwicklung der Weltgemeinschaft durch die Förderung eines internationalen Rechtsbewusstseins.